Hallo – ich bin Lisbeth und darf hier heute
über ein schönes Buch schreiben: Lieber Mr. Salinger von Joanna Rakoff*.
freue mich sehr, wenn ihr Lust habt bei lille-mag.com oder bei mir auf instagram
(LIS.BE.TH) vorbeizuschauen.
schon das Cover macht doch Lust aufs Lesen!
Mr. Salinger passt haargenau in eine Zugfahrt von
München nach Hamburg – ich habe mich mit einem leckeren Milchkaffee in meinen
Sitz gekuschelt, das Buch aufgeschlagen und es nach 5 Stunden und 53 Minuten wieder
zugeklappt, aus dem Fenster auf den Hamburger Hafen geblickt und geseufzt.
übertrieben. Ich habe mir zwischendurch noch einen Kaffee im Bistro geholt und
auch dem interessanten Gespräch vor mir gelauscht. Und der dramatische Seufzer
ist auch frei erfunden. Aber es war eine der bestgenutzten und schönsten
Zugfahrten seit langem.
im Originaltitel ist hier in Deutschland im Knaus Verlag erschienen –
zuvor wurde in Amerika ziemlich viel Wirbel um dieses Buch gemacht „Girls meet
Mad Men!“, schrieb der Verleger und die meisten wurden schon bei der Nennung
des Kultautors J.D. Salinger hellhörig. 2015 ist in der Tat eine neue
Salinger-Welle über uns geschwappt: Fünf Jahre nach dem Tod des Kult-Autors
sind drei wiederentdeckte Erzählungen von ihm und gleich mehrere Bücher über
ihn erschienen. Eines davon ist Lieber
Mr. Salinger –hier schreibt die Journalistin Joanna Rakoff über ihr ganz
persönliches Salinger-Jahr.
rennen Massen an Menschen in schicken Anzügen und auf Stöckelschuhen eilig
durch die Häuserschluchten. Eine von ihnen: Joanna. Frisch von der Uni fängt
sie als Assistentin in der ältesten Literaturagentur Manhattans an.
den technischen Errungenschaften der Vorgeneration ab – denn die
Digitalisierung hat in dieser Welt aus Papier noch keinen Einzug gehalten: Einen
Computer gibt es nicht, immerhin ein Kopiergerät. Doch aller Hürden zum Trotz:
Es ist für sie der erste, vielversprechende Schritt in die Literaturbranche – ein
sogenannter „glamour job“, sehr schlecht bezahlt, aber mit der Möglichkeit
Berühmtheiten zu treffen und auf tolle Partys zu gehen.
„Irgendwo
müssen wir alle anfangen. In meinem Fall war es ein dunkles, bis unter die
Decke mit Büchern vollgestopftes Zimmer: Regale über Regale voller Bücher,
sortiert nach Autoren aus allen erdenklichen Epochen des zwanzigsten
Jahrhunderts.“
ihrer Chefin alle Wünsche zu erfüllen. Die ist jedoch, wie in fast jeder
Coming-to-career-story, ein Drache im Fellpelz.
„Wie
angekündigt kam meine Chefin um Schlag zehn, eingemummt in einen goldbraunen
Nerz, die Augen hinter riesigen, dunklen Gläsern versteckt, um den Kopf ein mit
Pferdemotiven bedrucktes Seidentuch. „Hallo“, sagte ich und erhob mich von
meinem Stuhl, wie man es für ein Mitglied des Klerus tut, Doch sie rauschte an
mir vorbei in ihr Büro, als hätte ihr die Sonnenbrille die periphere Sehkraft
genommen.“
unter keinen Umständen mit Jerry
telefonieren soll und niemals Informationen rausgeben darf! Alles klar! Doch erst
später versteht Joanna, um wen es sich bei diesem mysteriösen Jerry handelt – um den berühmten Autor
J.D. Salinger!
ihm zu tun hat, kann sie ihm fortan nicht mehr aus dem Weg gehen. Eine wichtige
Aufgabe – neben Leute abwimmeln – ist, die Massen an Leserbriefen zu
beantworten, die für Salinger tagtäglich eintreffen.
„Im
Laufe nächsten Stunden las ich und las und las, vernachlässigte das Tippen und
die Ablage und ging nur widerwillig ans Telefon.“
vielen herzzerreissenden, tragischen und persönlichen Briefen. Sie strebt sich dagegen,
die standardisierte Rückantwort zu schicken und beginnt die Briefe selber zu
beantworten. Heraus kommen humorvolle und bewegende Antworten, in denen Rakoff immer
mehr ihre eigene Stimme findet.
Kult-Autor tatsächlich auch persönlich kennen.
„Wie oft
hatte man mir gesagt, dass Salinger nicht anrufen würde – niemals! -, dass ich
also keinerlei Kontakt zu ihm haben würde? Unzählige Male.Und
doch… Als ich an einem Freitagmorgen Anfang April den Hörer abnahm, hörte ich
jemanden in die Leitung brülle: „HALLO? HALLO?“ Dann einige unverständliche
Laute. „HALLO? HALLO?“ Weiteres Kauderwelchs. Langsam, wie in einem Traum,
wurde aus dem Kauderwelsch Sprache. „Hier ist Jerry!“, brüllte der Anrufer. Oh
mein Gott, dachte ich. Er ist es.“
unterhält sich recht nett mit dem älteren, mittlerweile nicht mehr schreibendem
– und weil schwerhörig, immer schreiendem –
wollte – sie schnappt sich die Bücher von Salinger und liest, liest, liest. Ein
Wochenende.
und Zooey, dann die Erzählungen und dann den berühmtesten Roman Ein Fänger im Roggen. Im Hinterkopf
schwirren die vielen Leserstimmen aus aller Welt,. Und auch Joanna verfällt den
großartigen Figuren und ist überrascht, wie anders als gedacht die Lektüre ist.
„Salinger
war nicht kitschig. Seine Werke waren nicht nostalgisch. Es waren keine Märchen
über irgendwelche genialen Kinder, die durch die Straßen des alten New York
flanierten.
Salinger
war nicht annähernd so, wie ich es gedacht hatte. Nicht annährend.
Salinger
war knallhart. Knallhart, witzig und sehr genauer. Ich war Feuer und Flamme für
ihn und für alles, was er geschrieben hatte.“
Joanna mehr und mehr in die Agenturwelt vor – sie prüft Manuskripte, schleppt
Papierberge mit schmerzenden Armen nach Hause zu ihrem selbstverliebten
Künstlerfreund in die kalte und schiefe Brooklyn-Wohnung. Und sie hat Erfolg,
verkauft eine Geschichte an die Times und erntet Anerkennung. Doch obwohl sie
entscheidet sich unerwartet für einen anderen Weg…
Salinger ist ein unterhaltsamer und zum Glück gar
nicht kitschiger Roman, der uns ins Manhattan der 90er und das Agenturwesen der
Literaturbranche entführt. Rakoffs leichtfüßige und humorvolle Erzählweise hat
mich von der ersten Seite an gefesselt. Dass die Autorin dieses Salinger Jahr
so oder auch ein bisschen anders selber erlebt hat, macht das Buch so spannend.
hauptsächlich um das Berufs- und Liebesleben der jungen Assistentin dreht und Salinger
nur in einer Nebenrolle auftritt, enttäuscht nicht. Vielmehr bekommt man Lust selber
einmal in Salingers literarisches Werk einzutauchen und zu schauen, welche
Wirkung das Lesen auf einen hat.
Mr. Salinger ist vor allem eins: Eine wunderbare Geschichte, die uns zeigt,
welche Wirkung Literatur haben und welche Kraft Worte in uns entfalten kann.
beim Lesen, ich hoffe, ihr habt Lust darauf bekommen.
sympathische Autorin selber kennen lernen (Youtubevideo) Und solltet ihr Lust haben noch ein bisschen auf der
Salinger-Welle mitzusurfen, hier findet ihr noch die erwähnten Bücher:
Sommer in dem J.D. Salinger seine große Liebe trifft.
Bekannte von J.D. Salinger interviewt und Briefe, Tagebucheinträge und Fotos
zusammengetragen haben.
Kurzgeschichten – aber solltet ihr noch nichts von Salinger kennen, dann
startet lieber mit Der Fänger im Roggen oder Zooey und Franny.
Kommentare
Karin L.
Ich liebe dieses Buch! 🙂 Ich habe es irgendwann einmal auf einem "Reduziert-Stapel" gesehen und einfach mal mitgenommen und war unfassbar überrascht, dass es mich so gefesselt hat. Der Schreibstil von Joanna Rakoff ist wirklich einladend! 🙂
Liebe Grüße,
Karin von little words
Lisbeth
Karin L.Freut mich, dass es dir auch gefallen hat – ich hoffe auch, dass sie jetzt weiterschreibt:) Liebe Grüße Lisbeth
stefka
Ah, über das Buch hatte ich bei Erscheinen einen Bericht gelesen und wollte es mir vormerken, habe es aber aus den Augen verloren. Durch diese Rezension hier, wurde ich daran erinnert. Werde ich mir jetzt definitiv kaufen.
Ansonsten: schöne Rezension. Auch die anderen Buchvorstellungen haben mir gut gefallen.
Lisbeth
stefkaCool, das freut mich total, dass dich die Rezension erinnert hat:) Viel Spaß beim Lesen und danke für die Blumen:)
MATRJOSCHKA
Klingt wirklich gut! 🙂 Mir gefällt vor allem Zeit und Ort, worin die Story spielt. Dass du sagst, dass der Roman nicht kitischig ist, freut mich auch sehr. Sowas kann ich gar nicht leiden, also das Übertriebene, haha 🙂 Ich lese auch vor allem im Zug, aber auch ohne geplanter Reise, werde ich mir das Buch bald mal genauer anschauen. Toller Post!
Allerbeste Grüße an dich und auch Stef!
mtrjschk.blogspot.com
Lisbeth
MATRJOSCHKAHallo und danke für den Kommentar:)
Und von mir auch liebe Grüße an dich, Stef, danke für die schöne Gestaltung!