
In den letzten Wochen habe ich mich etwas davor gescheut, zu Persönliches hier zu schreiben, mir fehlten auch die Worte, es kam mir vor, als würde mein Wörterspeicher einfach leerer werden, Nachfüllstoff kam nicht nach. Mittlerweile hat sich jedoch wieder einiges angestaut und da zwischen all den hübschen Dekosachen und Rezepten mir eindeutig die Tiefe fehlt, kommt heute ein Post, so wie er auch vor ein paar Jahren hier veröffentlicht worden wäre – ehrlich und nachdenklich, vielleicht inspirierend.
Dafür habe ich mich einigen alten Passagen bedient, als meine Wörterwolken vor vielen, vielen Jahren sturzbachähnliche Ergüsse von sich geben konnten. Da ich vor ein paar Tagen genau auf diese wieder gestoßen bin und sie nie an die Öffentlichkeit gelangten, mich aber zu dem Post inspirierten, sollen sie ausnahmsweise Freiheit atmen dürfen.
>> Manchmal habe ich so einen riesigen Klumpen Traurigkeit in meinem Bauch. Der fühlt sich an wie ein nasses Knäuel Papier, auf dem zerronnene Träume und Wünsche, Vorstellungen und Erwartungen verlaufen und in meine Magenwände sickern, um dort von der Säure aufgelöst zu werden. Dann fühle ich mich schwer und leicht und voll und leer und das ist eines der Gefühle, die sich lange anbahnen müssen, um sie schließlich voll und ganz spüren zu können. <<*
Für mich gab es so einige Tiefs im Laufe des Erwachsenwerdens, keine besonderen, viel mehr das normale Leben, das einen ab und zu ganz schön mitgenommen hat. Alles in allem stand eine zentrale Frage im Vordergrund: Wer bin ich, wenn ich so bin, wie ich gerade jetzt bin und vor allem was kann ich? Selbstzweifel schürten sich vor etwa zehn Jahren wie von selbst zu einem aufflammenden Feuer zusammen, an dem ich mich regelmäßig zu wärmen versuchte, aber mir stets die Finger daran verbrannte.
>> Aber sind es nicht diese Monster, die formlos in uns leben und mal da und dort ihre Klauen ausstrecken? Ich würde so gerne wissen, wer ich bin, was ich tun will. Was ich wert bin. Wo ich wirklich Potenzial habe und nicht nur in meinem Selbstmitleid versinken.
In letzter Zeit, im letzten Jahr versuchte ich so viel und schaffte viel und es war gut, aber da ist nichts, was mir Anerkennung gibt – und (Achtung Geschichtsphilosophie) es ist so, dass der Mensch diese braucht, um den Urtrieb, den Selbsterhaltungstrieb ausführen zu können. Um sein Selbstbewusstsein aufzubauen ist dieses Gegenüber notwendig. Irgendetwas fehlt. <<*
Mittlerweile bin ich diesen Fragen auf den Grund gegangen, oftmals nicht mal aktiv, das Leben hat mir die Antworten irgendwann vor die Füße gelegt, manchmal stolperte man darüber, manchmal hatte man rechtzeitig Zeit, sich zu bücken, und die Antwort behutsam mitnehmen zu können. Ich weiß, dass ganz viele Menschen diesen Blog lesen und recht oft wird mir auch gesagt; “Stef, du bist so ein Vorbild für die Leute”. Ihr solltet dann mein verzwicktes Gesicht sehen, denn – bin ich das? Möchte ich das sein? Ich mache doch nur das, was ich liebe und was mir vertraut ist, balanciere manchmal über diesen Tellerrand hinweg, probiere Neues und das will ich teilen. Zu inspirieren war irgendwie von Anfang an das, was mir auch die Muse gab, hier weiterzumachen.
Dieser Blog wurde irgendwann vor allem eines – die größte Antwort auf all die Fragen, die ich damals hatte. Was kann ich, war plötzlich nicht mehr so wichtig – was möchte ich lernen, weiterentwickeln, vertiefen – das half schon viel mehr aus dieser Sinnkrise hervorzutauchen.
Dieser Blog wurde irgendwann vor allem eines – die größte Antwort auf all die Fragen, die ich damals hatte. Was kann ich, war plötzlich nicht mehr so wichtig – was möchte ich lernen, weiterentwickeln, vertiefen – das half schon viel mehr aus dieser Sinnkrise hervorzutauchen.
Selbstbewusstsein. Was ist das schon? Was ist Bewusstsein überhaupt? Medizinisch sehr einfach zu beantworten, es ist lediglich ein Zustand, bei dem es uns möglich ist, mit allen Sinnen unsere Umgebung zu erkennen. Das fällt schon mal einfach, kann aber dennoch geschult werden. Kleinigkeiten beobachten. Den Blick von Bekanntem wegzubringen und auch Unbekanntes kennen lernen. Psychologisch gesehen, gehen wir dabei schon einen Schritt weiter, das Bewusstsein ist zudem die Fähigkeit, mit unserem Verstand und den physiologischen Sinnen nicht nur Äußeres zu erkennen, sondern auch zu verarbeiten.
SELBSTbewusstsein – wie also? Wenn wir uns selbst niemals zur Gänze – ohne Reflektionen – wahrnehmen können? Selbstbewusstsein ist etwas Kompliziertes, wir müssen es nämlich schaffen, unser eigenes Ich fassen zu können, uns als denkendes und fühlendes Wissen und nochmals darüber hinausgehend – uns bewusst zu werden, wer wir sind, was wir können, welche Fähigkeiten wir besitzen, welche Fertigkeiten wir innehaben. Welche Stärken habe ich? Welche Schwächen? Das Bewusstwerden- und schließlich auch “Sein” dieser Fragen führt wohl irgendwie zur Antwort.
Immerzu im Auge haben, woran man vielleicht noch arbeiten kann (will/möchte/muss), aber stets nicht außer Acht zu lassen, was wir bereits geschafft haben – die Einzigartigkeit immer wieder ins Bewusstsein zu holen, denn das ist jenes, was uns schließlich ausmacht.
Warum ist ein “großes Selbstbewusstsein” zu haben dennoch so schwierig? Prinzipiell würde das von mir Geschriebene recht einfach umsetzbar sein und im Endeffekt würde man das alles in einem riesigen Reflexionsprozess beantworten können – wir würden (als reflektierter Mensch) nicht mal unsere Umwelt dazu brauchen. Aber genau darin liegt die Schwierigkeit. Wir wandern durch eine Welt mit unzähligen Spiegeln, die uns entgegen gehalten werden – und das müssen nicht einmal welche visueller Art sein. Es wird immer jemand in unserem Umfeld eine Rolle spielen, unser Selbstbewusstsein zu trüben, aber wisst ihr, das sind hoffentlich nicht die Menschen, die uns lieb sind und denen wir unsere Zeit schenken, sondern oft Unbekannte, die uns einen Tick schlechter fühlen lassen, sei es ein Blick, eine Geste oder gar die eigene Gedankenspirale, die sich im selben Moment wie das Neidgefühl zu drehen beginnt, wenn wir andere Leben mit unserem eigenen in einen plumpen Vergleichsversuch stellen.
Ihr werdet vielleicht schon festgestellt haben, dass sich das eigene Selbstbewusstsein in einem konstanten Auf- und Abgefühl eingespielt hat. Zu Beginn meiner Zwanziger befand sich das Gefühl sehr oft im Talbereich und es erforderte viel Zeit, Geduld und auch Willen mich wieder auf den nächsten Bergabschnitt zu kämpfen – und ich rede auch hier bei weitem nicht annähernd vom Gipfel, eher einen kleinen gemütlichen Tausender.
Irgendwann befand ich das mir gegenüber nicht mehr fair. Selbst jetzt, wenn ich diese Zeilen tippe, huschen mir einige Schuldgefühle durch den Kopf. Mein Selbstbewusstsein und damit meine ich wirklich das Bewusstsein meiner Person, ist nach wie vor noch immer phasenweise auf wackeligen Beinen unterwegs, je nach Tagesverfassung. Doch jetzt gehe ich schön langsam (ja, noch nicht schnell!) auf die Dreißig zu und merke, dass es immer besser wird. Das möchte ich mit diesem Eintrag auch mitgeben.
Irgendwann befand ich das mir gegenüber nicht mehr fair. Selbst jetzt, wenn ich diese Zeilen tippe, huschen mir einige Schuldgefühle durch den Kopf. Mein Selbstbewusstsein und damit meine ich wirklich das Bewusstsein meiner Person, ist nach wie vor noch immer phasenweise auf wackeligen Beinen unterwegs, je nach Tagesverfassung. Doch jetzt gehe ich schön langsam (ja, noch nicht schnell!) auf die Dreißig zu und merke, dass es immer besser wird. Das möchte ich mit diesem Eintrag auch mitgeben.
Ich weiß nun endlich, was es heißt, älter zu werden: mit sich selbst immer mehr ins Reine zu kommen, sich seiner Selbst bewusst(er) zu werden, was kann ich, was will ich, was habe ich nun beantworten zu können und selbst jetzt ist es in Ordnung bestimmte Zweifel zu haben, immerhin ist auch eine Möglichkeit von Selbstbewusstsein, über eigene Schwächen und Unsicherheiten Bescheid zu wissen.
>> In diesen tiefen Stunden, in denen die Zeit auf merkwürdige Art und Weise langsamer tickt, als hätte jemand den Sekundenzeiger mit Kraftlosigkeit versehen, denke ich an Kroatien und den warmen Wind um meine Beine und die flatternde Girlande und das Rauschen und Klatschen der Wellen, der Moment, als ich auf dem Pflock stand und konzentriert in die Ferne blickte, verwirrt war, weil auf der Promenade jemand stehen blieb, ein junger Mann und er seine Hand über seine Mundwinkel schob und sie hochzog und im Endeffekt mich damit meinte und ich lachen musste und vielleicht sollte es viel mehr so Menschen geben, die einem ein ehrliches Lächeln abringen können. <<*
Textpassagen aus 2009, 2010 und 2012
Kommentare
Fabelhaft
So ein schöner Text! Ich denke es ist ganz normal, dass wir Zweifel, vor allem an uns selbst, haben. Wir müssen ja auch erst einmal am Leben wachsen. Eben genauso wie auch unser Selbstbewusstsein. 🙂
Grüße,
Johanna | http://dream-factory-of-my-world.blogspot.de/
Anonym
Wunderschön geschrieben…Gedanken, die viele mit dir teilen.
Anonym
Ein wunderschöner Text, in dem ich mich selbst sehr wiederfinde. Wie seltsam, dass Wörter manchmal nur so aus uns hervorsprudeln, während wir zu anderen Momenten zwar so viel fühlen, aber sprachlos sind.
Ich finde es auch immer wieder unglaublich, was ich in alten Notizbüchern über mich selbst entdecke und mein jüngeres "Ich". Mit fünfundzwanzig fühle ich mich auch (selbst-)bewusster, freier und zugleich gefestigter als in den Jahren zuvor. Es ist so eine Herausforderung, Anfang zwanzig die ersten gefühlt wackeligen Schritte auf dem eigenen Lebensweg mutig zu beschreiten! Und rückblickend schenken einem viele Erfolgserlebnisse oder die Begegnungen mit tollen Menschen sehr viel positive Kraft und bestärken einen, die nächsten Entscheidungen zu treffen, die nächsten Wegbiegungen zu wählen…
Schön, dass es da noch jemandem so geht wie mir und dass du deine Gedanken auf diese Weise teilst!
Anonym
Dank für deine offenen Wort :). Ich denke dazu, dass Selnbstzweifel auch eine Stärke sein können. Zumindest als Ansatzpunkt für Selbstreflexionen. Erst heute hat mir jemand "weises" etwa folgendes gewünscht, das mich nachdenklich macht: "Ich wünsche dir, dass du ab und an zweifelst. An dir selbst." Und zwar mit Blick darauf, dass man sich selbst dadurch "erdet", versteht, woraus man seine Kraft für die Dinge des Lebens zieht und Mitmenschen vielleicht besser versteht bzw. Perspektivwechsel vornehmen kann 🙂
Anna ♥
Es ist schön zu lesen, dass es normal ist, an sich zu zweifeln. Bei vielen Menschen in meinem engeren Umfeld, bemerke ich so einen inneren Zustand leider gar nicht und fühlte mich oft allein damit. Danke, dass du diesen Text verfasst hast und einem auch den Mut mit auf den Weg gibst, dass es nicht für immer so bleibt.
Im übrigen verfolge ich deinen Blog nun schon seit 4-5 Jahren. In den letzten Jahren nicht mehr so regelmäßig wie früher, aber wenn ich dann mal vorbei schaue, gefällt er mir so gut wie am ersten Tag. Schön, dass du dabei geblieben bist! Alles Gute auf deinem Weg 🙂
Nadine
Meine Liebe, danke für diese Worte – ich finde mich so sehr darin wieder und bin so froh, dass sich unsere Wege irgendwie irgendwann gekreuzt haben! Steigen wir den Berg zusammen hoch 🙂
Jenni
Wunderschöne, sehr tröstliche Worte. Man wird bereits beim ersten Einleitesatz davon gefangen. <3
Julia
Liebe Stef,
"Ich weiß nun endlich, was es heißt, älter zu werden: mit sich selbst immer mehr ins Reine zu kommen, sich seiner Selbst bewusst(er) zu werden, was kann ich, was will ich, was habe ich nun beantworten zu können und selbst jetzt ist es in Ordnung bestimmte Zweifel zu haben, immerhin ist auch eine Möglichkeit von Selbstbewusstsein, über eigene Schwächen und Unsicherheiten Bescheid zu wissen."
Danke! Ja!
Wir scheinen uns in einem ähnlichen Lebensabschnitt zu befinden. Und ich fühle so sehr mit dir, wenn du sagst, die Anfang der Zwanziger waren eine Berg- und Talfahrt. Für mich eher der mühsame Versuch, aus einer unterirdischen Höhle in einem besonders tiefen Tal, heraus zu klettern. Aber dann habe ich es geschafft und heute ist das nur noch ein Schatten einer Erinnerung und manchmal kommt es mir gar nicht so vor, als wäre das wirklich in meinem Leben passiert. Vielleicht in einem Film, den ich zu oft gesehen habe. Aber mir selbst?
Auch ich weiß jetzt, was es bedeutet, älter zu werden. Selbstbewusster. Und ich weiß, dass man an diesem Zustand trotzdem immer wieder arbeiten muss. Manchmal bringt einen doch etwas aus der Balance.
Das ist normal. Das ist ok.
Und ich wünsche dir, dass du deine Balance immer wieder findest – wie auf dem Pfosten, mit einem Lächeln im Gesicht!
Alles Liebe.
Julia
Silke K
Wundervoller Text, der es wirklich auf den Punkt bringt. Besonders den Teil des Älter werdens und damit zu einem stabileren Selbstbewusstsein kann ich bestätigen. Ich habe die Hürde der Dreißig vor gut einem Jahr genommen und die letzten 1,5-2 Jahre waren für mich die besten meines Lebens. Ich weiß nun endlich wer ich bin, was ich kann, das ich liebenswert bin und dieses Glück ruhig zeigen kann. Natürlich ist das nicht immer und in Gänze so, habe immer noch so Phasen, in denen ich mich runterziehen lasse, aber sie sind seltener geworden und ich steige nicht mehr so tief hinab. Ob es nur mit dem Alter oder auch mit den gemachten Erfahrungen zu tun weiß ich nicht sicher, was ich aber weiß ist, dass es gerne die nächsten 50 oder mehr Jahre so bleiben kann.
Drücke dir weiter die Daumen, denke du bist auf einem guten Weg.
Viele Grüße, Silke